Während zum Ende der vierziger Jahre die Landschaft der Côte d‘Azur durch eine flächige Überbauung zu ersticken schien, strebte der Architekt le Corbusier nach einer Synthese der Architektur mit der Natur. Ein von ihm bewundertes Werk an diesem Ort schuf seine Freundin Eileen Gray mit der Villa e.1027 in Roquebrune-Cap-Martin von 1926-29 auf einem Hanggrundstück über der Bucht von Monaco. Der Meister, berühmt für seine funktionalen Wohnmaschinen und visionären Stadtplanungen, war fasziniert von diesem Haus, welches im Einklang mit der Natur stand. Mehr als zwanzig Jahre später entwarf und baute le Corbusier von 1951-52 eine Hütte, le cabanon. Darin manifestierten sich seine Überlegungen eines effizienten Masssystems zur Entwicklung eines minimalen Wohnraums. Ob diese Kabine nun schön ist oder nicht, sei dahin gestellt. Viel beachtet ist dieses kleine Werk wohl kaum. Und doch zeigt es auf klarste Art und Weise essentielle Elemente der Wohnraumarchitektur und damit existentielle Werte des Menschen zu seiner Behausung.
Im Seminar werden die kleinsten Häuser bedeutender Architekten des 20. Jahrhunderts untersucht. Bei vielen handelt es sich um oft unbeachtete Randerscheinungen im Ouvre der vorgestellten Baumeister. Und wenn bekannt, dann ist es meist ihre Aussenwirkung.
Wir möchten einen Blick in das Innere der kleinen Architekturen der jüngeren Architekturgeschichte werfen. Wir wollen herausfinden, in welchen Hintergründen und für wen diese Häuser errichtet wurden. Wir werden verstehen, in welchem Ausmass diese kompakten Erscheinungen einen grossen Einfluss auf den damaligen Diskurs hatten – und was es bedeutet auf kleinem Raum zu wohnen und welche Möglichkeiten der Gestaltung und Architektursprachen sich ergeben. Es handelt sich um Exile, Rückzugsorte, Ferienhäuser, Strandhäuser oder Gästehäuser aus Holz, Aluminium, Beton, Stein, Stahl und Glas. Die Architekturen werden auf der Basis ihrer Referenz analysiert und beschrieben. Im späteren Fokus steht der Innenraum des kleinen Hauses, der durch überlegte Fügungen, Flexibilität, integriertes Mobiliar, robuste Materialien und gezielte Öffnungen repräsentiert wird. Ihn gilt es zu veranschaulichen. Text: Max Treiber
Wissenschaftlicher Mitarbeiter,
Fachgebiet Entwerfen und Gebäudekunde, Prof. Jacob van Rijs, TU Berlin